Beim Kauf eines Grundstücks denken die meisten Menschen an Lage, Größe oder Preis. Doch was, wenn das Grundstück nicht das ist, was es zu sein scheint? Altlasten und Baulasten können aus einem guten Deal schnell ein finanzielles Desaster machen - und viele Käufer merken es erst, wenn es zu spät ist.
Was sind Baulasten - und warum sind sie so gefährlich?
Eine Baulast ist keine private Vereinbarung. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die am Grundstück hängt und für jeden neuen Eigentümer bindend bleibt. Sie wird im Baulastenverzeichnis der Gemeinde eingetragen - und wenn du sie nicht prüfst, weißt du sie nicht. Und das ist der größte Fehler, den Käufer machen. Typische Baulasten sind nicht immer offensichtlich. Ein Beispiel: Du kaufst ein Haus in einer alten Wiener Straße, und später erfährst du, dass du verpflichtet bist, einen Teil deiner Vorgartenfläche als öffentliche Abstandsfläche zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet: Du darfst dort nicht bauen, nicht bepflanzen, nicht mal einen Zaun aufstellen. Und du zahlst weiterhin die Grundsteuer dafür. Solche Baulasten mindern den Wert deiner Immobilie um 5 bis 8 Prozent - und du hast nichts davon. Noch schlimmer: Die Anbau-Baulast. Hier musst du dein Haus so bauen, dass es an das Nachbargrundstück anschließt - oft ohne Fenster oder Türen an dieser Seite. Das ist besonders häufig in dicht bebauten Stadtteilen wie Leopoldstadt oder Margareten. Laut Immobilienexperten aus Wien kommt das in etwa 8 Prozent der Fälle vor. Und wenn du das nicht weißt, planst du eine Renovierung, die du gar nicht durchführen darfst. Auch Durchfahrtsrechte sind häufig. Ein Nachbar oder sogar die Stadt hat das Recht, über dein Grundstück zu fahren - etwa für Müllwagen, Feuerwehr oder öffentliche Buslinien. In 12 Prozent der dokumentierten Fälle in Wien und Niederösterreich gibt es solche Rechte. Das kann bedeuten: Dein Hof wird zur Durchfahrtsstraße. Dein Garten wird zur Parkfläche. Dein Wert sinkt - um bis zu 25 Prozent.Was sind Altlasten - und warum sind sie noch schlimmer?
Altlasten sind keine Verwaltungssache. Sie sind physische Kontaminationen. Der Boden, das Grundwasser, das Gebäude - sie sind vergiftet. Und du bist der neue Besitzer. Und damit derjenige, der bezahlen muss. Die häufigsten Quellen? Ehemalige Tankstellen (47 Prozent), alte Fabriken (28 Prozent) und Mülldeponien (15 Prozent). In Wien gibt es Hunderte solcher Flächen, besonders im 15., 16. und 23. Bezirk, wo früher Industrie angesiedelt war. Die Schadstoffe? Schwermetalle wie Blei oder Cadmium (35 Prozent), Mineralölkohlenwasserstoffe aus Öl- oder Benzinlecks (28 Prozent), Asbest in Dächern oder Isolierungen (19 Prozent) und Chemikalien aus früheren Produktionsprozessen (18 Prozent). Was bedeutet das für dich? Wenn du ein Grundstück kaufst, auf dem früher eine Autowerkstatt stand, und du das nicht weißt, dann kannst du später nicht einfach ein Haus bauen. Du musst den Boden sanieren. Und das kostet. Bei leichter Kontamination: 10.000 bis 30.000 Euro. Bei mittelschwerer: 50.000 bis 150.000 Euro. Bei schwerer - wie bei einer alten Chemiefabrik - bis zu 500.000 Euro oder mehr. Und du hast keine Chance, das abzuwenden. Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz bist du als Eigentümer verpflichtet, die Altlast zu beseitigen - egal, ob du sie verursacht hast oder nicht. Der Vorbesitzer ist nicht haftbar. Der Staat zahlt nicht. Du zahlst. Und in 37 Prozent der Fälle, in denen Käufer Altlasten nicht vor dem Kauf prüfen, müssen sie später durchschnittlich 45.000 Euro für die Sanierung aufbringen.Wie du die Risiken vor dem Kauf erkennst
Es gibt drei Schritte, die jeder Käufer machen muss - und zwar vor dem Unterschreiben des Kaufvertrags. 1. Baulastenverzeichnis prüfen - Das kostet 15,50 Euro pro Grundstück. Du gehst zum zuständigen Katasteramt (in Wien: Magistratsabteilung 32) oder fragst online an. Die meisten Gemeinden haben ihre Daten mittlerweile digitalisiert. Du bekommst eine Liste mit allen eingetragenen Baulasten. Wenn du keine erhältst, ist das ein Warnsignal. 78 Prozent der Käufer machen diesen Schritt nicht - und das ist der Hauptgrund für spätere Probleme. 2. Altlastenrecherche beim Umweltamt - Das ist kostenlos. In Wien fragst du beim Landesumweltschutzamt an. Du gibst die Grundstücksnummer an - und sie prüfen, ob das Grundstück in ihren Daten als kontaminiert aufgeführt ist. Die Bearbeitungszeit: 10 bis 14 Werktage. In 63 Prozent der Fälle finden professionelle Bodenuntersuchungen Schadstoffe, die nicht im offiziellen Verzeichnis stehen. Warum? Weil viele Altlasten nicht erfasst sind - besonders bei kleinen Betrieben, die vor 1990 aktiv waren. 3. Bodenuntersuchung in Auftrag geben - Wenn das Grundstück früher industriell genutzt wurde, wenn es eine alte Tankstelle, eine Schmiede oder eine Farbwerkstatt war - dann mach eine Probebohrung. Ein Gutachter entnimmt Bodenproben aus mehreren Tiefen und lässt sie im Labor analysieren. Die Kosten: zwischen 300 und 1.500 Euro. Die Sicherheit: unbezahlbar. In 68 Prozent der Fälle, in denen Käufer Altlasten oder Baulasten vor dem Kauf identifizieren, können sie den Kaufpreis um 8 bis 12 Prozent senken. Das lohnt sich mehr als tausendmal.
Was du im Kaufvertrag unbedingt einbauen musst
Ein Kaufvertrag ohne Schutzklausel ist ein Glücksspiel. Du musst explizit verlangen, dass der Verkäufer haftet - für alles, was nach dem Kauf auffällt. Füge eine sogenannte Haftungsausschlussklausel ein. Sie besagt: Falls nach dem Kauf Altlasten oder Baulasten auftauchen, die vorher nicht bekannt waren, haftet der Verkäufer für alle Kosten - bis zur vollständigen Klärung. Das ist kein Wunsch, das ist eine Notwendigkeit. Notare sind nicht verpflichtet, dich vor solchen Risiken zu warnen. In 28 Prozent der Rechtsstreitigkeiten nach dem Kauf geht es genau darum: Der Notar hat nichts gesagt. Der Käufer hat nicht nachgefragt. Und jetzt muss er zahlen. Und vergiss nicht: Selbst bei Zwangsversteigerungen bleiben Baulasten bestehen. Das Bundesverfassungsgericht hat das 2022 klar bestätigt. Du kannst dich nicht darauf berufen, dass du „nicht gewusst hast“. Die Rechtslage ist einfach: Was draufsteht, bleibt drauf.Was passiert, wenn du die Prüfung versäumst?
Du kaufst ein Grundstück für 300.000 Euro. Zwei Jahre später findest du heraus: Unter dem Rasen liegt ein alter Öltank mit 15.000 Litern Mineralöl. Die Sanierung kostet 85.000 Euro. Dein Haus ist wertlos. Du kannst es nicht verkaufen. Du kannst es nicht vermieten. Du kannst es nicht umbauen. Und du hast keine Ansprüche gegen den Verkäufer - weil du nicht nachgefragt hast. Oder: Du baust ein neues Wohnhaus - und plötzlich kommt das Amt und sagt: Nein, du darfst hier nicht bauen, weil eine Baulast vorschreibt, dass hier ein öffentlicher Gehweg verlaufen muss. Du hast 20.000 Euro investiert - und musst alles abreißen. Und die Baulast bleibt. Und du zahlst weiterhin die Grundsteuer. Solche Fälle sind keine Ausnahme. Sie passieren monatlich - in Wien, in Linz, in Graz. Und sie sind vermeidbar.
Was sich 2025 ändert - und warum du jetzt handeln musst
Seit 2022 müssen Altlasten in Immobilienanzeigen explizit genannt werden. Das hat die Transparenz verbessert - aber nicht beseitigt. Viele Verkäufer nutzen Schlupflöcher: Sie sagen „keine bekannten Altlasten“ - und hoffen, dass keiner nachfragt. Außerdem wird das Bodenschutzgesetz 2025 verschärft. Die geplante Novelle will die Sanierungspflicht auch auf Erbbaurechtnehmer ausweiten. Das bedeutet: Wer ein Grundstück nur pachtet, muss später trotzdem zahlen - wenn Altlasten auftauchen. Und die Anzahl der dokumentierten Altlasten steigt jedes Jahr um 2,3 Prozent. Weil immer mehr alte Industrieflächen untersucht werden. Die Digitalisierung der Baulastenverzeichnisse ist vorangeschritten: 65 Prozent der Gemeinden in Österreich haben ihre Daten online gestellt. Du kannst sie heute leicht abrufen - ohne lange Wartezeiten. Es gibt keine Entschuldigung mehr, es nicht zu tun.Was du jetzt tun musst
1. Prüfe das Baulastenverzeichnis - Bevor du den Kaufvertrag unterschreibst. Kosten: 15,50 Euro. Zeit: ein Tag. 2. Frage beim Umweltamt nach Altlasten - Kostenlos. In Wien: Landesumweltschutzamt. In anderen Bundesländern: Amt für Umwelt oder Bodenschutz. Bearbeitungszeit: zwei Wochen. 3. Bei Verdacht: Bodenproben nehmen - Wenn das Grundstück früher industriell genutzt wurde. Kostet 300-1.500 Euro. Schützt vor 50.000-500.000 Euro Kosten. 4. Haftungsausschlussklausel in den Vertrag schreiben - Lass deinen Notar oder Anwalt das formulieren. Es ist kein Luxus - es ist deine Absicherung. 5. Verkaufspreis neu verhandeln - Wenn du Baulasten oder Altlasten findest: Fordere eine Preissenkung. 8-12 Prozent sind realistisch. Viele Verkäufer sind froh, wenn sie das Grundstück loswerden - und akzeptieren das. Du kaufst nicht nur ein Grundstück. Du kaufst eine Verpflichtung. Und diese Verpflichtung kann dich ruinieren - wenn du nicht aufpasst.Ist eine Baulast im Grundbuch eingetragen?
Nein. Baulasten sind nicht im Grundbuch eingetragen, sondern im Baulastenverzeichnis - das ist ein separates Amtregister, das bei der Gemeinde oder dem Katasteramt liegt. Viele Käufer verwechseln das mit dem Grundbuch und denken, wenn nichts im Grundbuch steht, ist alles in Ordnung. Das ist ein fataler Irrtum. Die Baulastenverzeichnisse sind öffentlich und kosten nur 15,50 Euro pro Grundstück. Prüfe sie immer - unabhängig vom Grundbuch.
Kann ich eine Altlast nach dem Kauf sanieren und dann verkaufen?
Ja, das ist möglich - aber nur, wenn du die Sanierung vollständig dokumentierst und vom Umweltamt abgenommen bekommst. Du erhältst dann eine „Beseitigungsbescheinigung“. Ohne diese bleibt das Grundstück als kontaminiert registriert - und du kannst es nicht zu einem normalen Marktpreis verkaufen. Die meisten Käufer wollen ein Grundstück mit Sanierungsbescheinigung - nicht mit Risiko. Und selbst dann sinkt der Wert oft um 10-15 Prozent.
Muss der Verkäufer Altlasten offenlegen?
Der Verkäufer ist rechtlich verpflichtet, auf bekannte Altlasten hinzuweisen - aber nur, wenn er sie wirklich kennt. Viele Verkäufer wissen es nicht. Sie haben das Grundstück geerbt, es vor 30 Jahren gekauft oder es nur vermietet. Sie sagen „keine Ahnung“. Und das ist legal. Deshalb darfst du dich nicht auf seine Aussage verlassen. Deine Pflicht ist es, selbst zu recherchieren. Die Haftung liegt bei dir - nicht bei ihm.
Was passiert, wenn ich ein Grundstück mit Baulast kaufe und es später abreißen will?
Du darfst das Grundstück nicht einfach abreißen und neu bauen, wenn eine Baulast besteht. Die Baulast bleibt bestehen - auch nach Abbruch. Wenn sie z. B. eine Abstandsflächenverpflichtung enthält, musst du auch beim Neubau diese Fläche frei halten. Du kannst sie nur aufheben, wenn die Gemeinde zustimmt - und das passiert selten. Die meisten Baulasten sind dauerhaft. Prüfe sie also vor dem Kauf - nicht danach.
Kann ich eine Baulast oder Altlast im Kaufvertrag ausschließen?
Nein. Du kannst sie nicht ausschließen. Baulasten und Altlasten sind gesetzliche Lasten. Sie hängen am Grundstück - nicht am Eigentümer. Selbst wenn der Verkäufer verspricht, sie zu beseitigen, bleibt die Verpflichtung bestehen, bis die Behörde sie offiziell aufhebt. Ein Vertrag kann das nicht ändern. Dein einziger Schutz: Prüfen, verhandeln, dokumentieren.