Warum Sie Ihre alte Wohnung nicht mehr einfach nur lüften sollten
Stellen Sie sich vor, Sie öffnen das Fenster im Winter, um frische Luft reinzulassen. Die warme Luft aus Ihrem Wohnzimmer fliegt sofort hinaus - und mit ihr Ihre Heizkosten. Das ist kein Einzelfall, das ist Alltag in vielen Altbauten. Doch was, wenn Sie die Wärme nicht verlieren müssten? Mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung können Sie genau das tun: frische Luft reinbringen, ohne die Heizung laufen zu lassen wie einen Heizlüfter. Und das nicht nur komfortabel, sondern auch gesund.
In Wien, wo viele Wohnungen aus den 60er und 70er Jahren stammen, ist das besonders relevant. Fenster sind undicht, Wände sind kalt, und Schimmel wächst in den Ecken, weil die Luft nicht richtig ausgetauscht wird. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung löst das Problem nicht mit dem Fenster, sondern mit Technik. Und das ist kein Luxus mehr - es ist eine sinnvolle Ergänzung bei jeder Sanierung.
Wie funktioniert eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung?
Es klingt wie Magie: Warme, verbrauchte Luft aus Küche, Bad oder Wohnzimmer wird abgesaugt. Gleichzeitig wird frische Luft von außen hereingeführt. Zwischen beiden Luftströmen sitzt ein Wärmetauscher - ein kleines, aber entscheidendes Bauteil. Er überträgt die Wärme der abziehenden Luft auf die hereinkommende Luft. Das Ergebnis? Die Frischluft kommt warm an, die alte Luft verlässt das Haus kalt - aber ihre Energie bleibt im Haus.
Heutige Systeme schaffen bis zu 93 Prozent Wärmerückgewinnung. Das bedeutet: Von jeder 100 Euro, die Sie für Heizung ausgeben, bleiben 93 Euro im Haus. Nur sieben Euro gehen verloren. Das ist kein theoretischer Wert. Das haben Hersteller wie Stiebel Eltron, Wolf und Vallox in unabhängigen Tests nachgewiesen. Und das bei einer Luftwechselrate, die gesund ist: einmal pro Stunde in Wohnräumen, zweimal im Bad, dreimal in der Küche.
Zentral oder dezentral? Die zwei Wege zur Nachrüstung
Es gibt zwei Haupttypen, die sich stark unterscheiden - und Ihre Wahl hängt von Ihrem Haus ab.
Zentrale Systeme arbeiten wie ein großes Netzwerk. Ein Gerät im Keller oder Dachgeschoss versorgt alle Räume über ein Rohrsystem. Sie brauchen Platz, viel Platz. Und Sie brauchen Fachleute, die die Rohre in Wänden, Decken und Böden verlegen. Das ist aufwändig, besonders im Bestand. Aber: Die Effizienz ist höher, die Geräusche sind leiser, und die Luftqualität ist gleichmäßiger. Für Wohnungen über 120 Quadratmeter oder bei umfassenden Sanierungen ist das die bessere Wahl.
Dezentrale Systeme sind die Praktiker. Jedes Gerät sitzt direkt in der Außenwand - meist im Bad oder Schlafzimmer. Sie brauchen nur eine Kernlochbohrung von 120 bis 160 Millimetern Durchmesser. Keine Rohre, kein Keller, keine Baustelle. Die Geräte sind meist mit Filtern ausgestattet, die Pollen, Staub und Feinstaub herausfiltern. Das ist ideal für Altbauten, wo Sie nicht die Wände aufreißen wollen. Ein System für zwei Räume kostet ab 1.800 Euro, für vier Räume etwa 3.500 Euro.
Wer nur ein oder zwei Räume sanieren will - etwa das Schlafzimmer und das Bad - sollte zu dezentralen Geräten greifen. Wer das ganze Haus modernisieren will, sollte sich für zentral überlegen. Beide Systeme sparen Energie. Aber nur die zentrale Lösung bringt die volle Luftqualität in alle Räume.
Die vier Schritte zur erfolgreichen Nachrüstung
Es ist kein DIY-Projekt wie das Anbringen einer neuen Steckdose. Aber es ist auch nicht unmöglich. Hier ist, was wirklich passiert:
- Planung: Ein Fachbetrieb kommt, misst die Räume, prüft die vorhandene Dämmung und berechnet, wie viel Luft pro Stunde nötig ist. Kein Hersteller empfiehlt eine Anlage ohne diese Berechnung. Die Luftmenge muss passen - zu wenig, und es bleibt stickig; zu viel, und Sie verlieren Wärme.
- Systemauswahl: Basierend auf der Planung wird entschieden: zentral oder dezentral? Welche Leistung? Welche Filter? Welche Geräuschklassen? Bei dezentralen Geräten gibt es Modelle mit Push-Pull-Technik - die saugen und blasen gleichzeitig. Andere nutzen Gegenstrom-Wärmetauscher. Beides ist effizient, aber die Technik unterscheidet sich.
- Installation: Bei dezentralen Systemen bohrt der Installateur die Löcher, setzt die Hülse ein, verlegt die Leitungen, montiert das Gerät und verbindet es mit Strom. Bei zentralen Systemen wird das gesamte Rohrnetz verlegt, das Gerät eingebaut, die Kanäle abgedichtet und die Steuerung programmiert. Das dauert meist drei bis fünf Tage.
- Wartung: Filter müssen alle drei bis sechs Monate gewechselt werden. Das ist einfach - meist mit einem Handgriff. Ein jährlicher Service beim Fachmann prüft den Wärmetauscher, die Motoren und die Luftdurchflusswerte. Vernachlässigen Sie das, und die Effizienz sinkt - und der Schimmel kommt zurück.
Was kostet das? Förderung macht den Unterschied
Ein zentrales System für eine 150 Quadratmeter-Wohnung kostet zwischen 3.500 und 5.000 Euro - inklusive Einbau. Dezentrale Geräte für vier Räume liegen bei 3.000 bis 4.000 Euro. Klingt viel? Ist es auch. Aber: Sie bekommen Geld zurück.
Die KfW fördert Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, wenn Sie Ihr Haus auf das Niveau eines Effizienzhauses 85 sanieren. Das bedeutet: Sie dämmen die Fassade, tauschen Fenster aus, erneuern die Heizung - und ergänzen das alles mit der Lüftung. Dann gibt es bis zu 30 Prozent der Kosten als Zuschuss - maximal 50.000 Euro pro Wohnung.
Die BAFA fördert auch Einzelmaßnahmen. Wenn Sie nur die Lüftung nachrüsten, ohne andere Sanierungen, können Sie bis zu 20 Prozent der Kosten zurückerhalten - max. 5.000 Euro. Wichtig: Sie müssen einen Fachbetrieb beauftragen. Selbstgebaute Systeme werden nicht gefördert.
Und das Beste: Die Energieeinsparung rechnet sich. Bei einer durchschnittlichen Heizkostensteigerung von 10 Prozent pro Jahr sparen Sie in fünf Jahren 2.000 bis 4.000 Euro - und das, ohne die Heizung runterzudrehen. Die Lüftung zahlt sich aus - langfristig, sicher, sichtbar.
Wann ist eine Nachrüstung Pflicht?
Nein, Sie müssen keine Lüftungsanlage einbauen - es sei denn, Sie sanieren Ihr Haus umfassend. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt vor: Wenn Sie mehr als ein Drittel der Fenster ersetzen, oder ein Drittel der Dach- oder Fassadendämmung erneuern, muss ein Fachmann prüfen, ob eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig ist.
Das ist kein Verbot, sondern eine Prüfpflicht. Und in fast allen Fällen ist die Antwort: Ja, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist sinnvoll. Denn ohne sie wird die neue Dämmung zur Falle: Die Wohnung wird luftdicht, aber die Luft bleibt schlecht. Schimmel, Kondenswasser, Kopfschmerzen - das sind die Folgen. Die Lüftung ist der Ausgleich.
Was Sie sonst noch wissen müssen
Die Geräte sind heute leise. Ein modernes dezentrales Gerät macht so viel Lärm wie ein Kühlschrank - nicht mehr. Die Filter halten Pollen, Staub und sogar Feinstaub zurück. Das ist besonders wichtig für Allergiker. Und die Geräte laufen automatisch - Sie brauchen kein Fenster mehr zu öffnen, um Luft zu bekommen. Sie können die Wohnung sogar abends verschlossen lassen, ohne dass es stickig wird.
Einige Hersteller bieten Geräte mit Smart-Funktion: Sie verbinden sich mit Ihrer Heizungssteuerung, lernen Ihre Gewohnheiten und passen die Luftmenge an. Das ist kein Muss, aber ein Komfortgewinn.
Und vergessen Sie nicht: Eine Lüftungsanlage ist kein Ersatz für die Dämmung. Sie ergänzt sie. Sie macht die Sanierung komplett. Wer nur dämmt, ohne zu lüften, spart zwar Energie - aber verliert die Gesundheit.
Was passiert, wenn Sie nichts tun?
Die Luft in alten Wohnungen ist oft schlechter als draußen. In der Küche entsteht Feuchtigkeit, im Bad kondensiert sie an den Wänden, im Schlafzimmer steigt sie in die Decke. Ohne kontrollierte Lüftung bleibt die Feuchtigkeit hängen - und Schimmel wächst. Das ist nicht nur hässlich, das ist gefährlich. Schimmel kann Atemwegserkrankungen auslösen, besonders bei Kindern und älteren Menschen.
Und die Energiekosten? Die steigen weiter. In Wien lag die durchschnittliche Heizkostensteigerung 2024 bei 12 Prozent. Wer nicht umrüstet, zahlt mehr - und bekommt weniger Luft. Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist nicht nur eine Investition in die Energieeffizienz. Sie ist eine Investition in Ihre Gesundheit.
Was kommt als Nächstes?
Die Technik wird immer smarter. Bald werden Lüftungsanlagen mit KI-Steuerung arbeiten - sie erkennen, wann jemand duscht, kocht oder schläft, und passen sich automatisch an. Die Förderung wird weiterlaufen - die KfW hat bis 2030 Milliarden Euro für Sanierungen bereitgestellt. Und die Nachfrage steigt: In Wien wurden 2024 über 1.200 neue Lüftungsanlagen in Altbauten eingebaut - das ist doppelt so viel wie 2020.
Die Zeit ist reif. Nicht weil es Pflicht ist. Sondern weil es einfach sinnvoll ist. Sie brauchen keine neue Wohnung. Sie brauchen nur eine bessere Lüftung.
Kann ich eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung selbst einbauen?
Nein, das ist nicht empfehlenswert. Die Installation erfordert Fachwissen: Die Luftmengen müssen genau berechnet werden, die Rohre oder Bohrungen müssen luftdicht verlegt sein, und die Steuerung muss mit der Heizung abgestimmt sein. Nur ein zertifizierter Fachbetrieb kann die Anlage so einbauen, dass sie die geforderte Wärmerückgewinnung von 85-93 Prozent erreicht und Fördermittel beantragt werden können.
Wie oft muss ich die Filter wechseln?
Die einfachen Vorfilter sollten alle drei Monate gewechselt werden - besonders in Städten mit hoher Luftverschmutzung. Die feineren HEPA- oder Aktivkohlefilter reichen für sechs bis zwölf Monate. Die meisten Geräte haben eine Anzeige, die Sie warnt, wenn der Filter voll ist. Wer nicht wechselt, verliert bis zu 30 Prozent der Effizienz - und die Luftqualität sinkt.
Beeinträchtigt eine zentrale Lüftungsanlage den Wohnkomfort?
Nein, im Gegenteil. Moderne zentrale Systeme sind extrem leise - man hört sie kaum. Sie sorgen für konstante Luftqualität, verhindern Zugluft und reduzieren Staub. Viele Nutzer berichten, dass sie nach dem Einbau weniger Heizung laufen lassen, weil die Wohnung gleichmäßig warm bleibt. Der Komfort steigt, die Lärmemission sinkt.
Kann ich eine dezentrale Anlage in jedem Raum einbauen?
Fast. Dezentrale Geräte brauchen eine Außenwand - also nicht in Innenräumen wie Fluren oder Küchen ohne Außenwand. Sie funktionieren am besten in Schlafzimmern, Bädern, Wohnzimmern und Arbeitsräumen mit direktem Außenwand-Anschluss. In Küchen oder Bädern mit starkem Wasserdampf sollten Sie spezielle Modelle mit Fettfilter wählen.
Ist eine Lüftungsanlage auch in Mietwohnungen sinnvoll?
Ja - besonders wenn Sie länger als drei Jahre wohnen. Dezentrale Systeme können oft vom Mieter eingebaut werden, wenn der Vermieter zustimmt. Sie sind leicht zu entfernen und hinterlassen kaum Spuren. Viele Vermieter unterstützen die Nachrüstung, weil sie die Mietobjekte wertvoller machen und Schadensfälle durch Schimmel reduzieren.
Wie lange hält eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung?
Mit regelmäßiger Wartung halten moderne Systeme 15 bis 20 Jahre. Die Wärmetauscher sind aus korrosionsbeständigem Kunststoff oder Aluminium und benötigen keinen Austausch. Die Motoren sind robust und werden in der Regel nach 10-15 Jahren gewartet oder ersetzt. Die Lebensdauer ist also länger als die meisten Heizungen.