Wenn du schon einmal von einem Orderbuch gehört hast und dich gefragt hast, was genau dahintersteckt, bist du hier genau richtig. In diesem Artikel erfährst du, was ein Orderbuch ist, wie es aufgebaut ist, welche Auftragsarten darin vorkommen und warum es für jeden, der an Börsen handelt - ob mit Aktien, Forex oder Kryptowährungen - unverzichtbar ist.
Wesentliche Punkte
Ein Orderbuch sammelt alle offenen Kauf‑ (Bid) und Verkaufs‑ (Ask) Aufträge einer Börse in Echtzeit.
Die Tiefe des Buches zeigt, wie viel Volumen zu welchen Preisen verfügbar ist und gibt Aufschluss über die Marktliquidität.
Limit‑Orders bleiben im Orderbuch, Market‑Orders werden sofort ausgeführt und verschwinden.
Trader nutzen das Orderbuch, um Unterstützung und Widerstand, Preis‑Imbalance und mögliche Slippage zu erkennen.
Moderne Analyse‑Tools visualisieren das Buch als „Depth Chart“ oder „Heatmap“.
Was ist ein Orderbuch?
Ein Orderbuch ist ein digitales Verzeichnis, das alle offenen Kauf‑ und Verkaufsaufträge (Bids und Asks) für ein bestimmtes Handelsinstrument an einer Börse in Echtzeit sammelt und sortiert. Es gehört zu den grundlegendsten Datenstrukturen im Börsenhandel und dient als transparente Sicht auf das aktuelle Marktangebot.
Aufbau und zentrale Komponenten
Die wichtigsten Bausteine eines Orderbuchs lassen sich in einer klaren Struktur zusammenfassen:
Bid (Kaufauftrag): Preis, zu dem ein Trader bereit ist zu kaufen, und das zugehörige Volumen.
Ask (Verkaufsauftrag): Preis, zu dem ein Trader bereit ist zu verkaufen, sowie das Volumen.
Spread: Differenz zwischen bestem Bid und bestem Ask - ein Indikator für Liquidität.
Marktliquidität: Menge an Volumen, die zu einem Preis sofort gehandelt werden kann, ohne den Preis stark zu bewegen.
Ordertyp: Limit‑Order, Market‑Order, Stop‑Order usw., die unterschiedliche Verhaltensweisen im Buch haben.
Wie funktioniert ein Orderbuch?
Ein Trader sendet eine Limit‑Order. Die Order bleibt im Buch, bis ein Gegenauftrag zum angegebenen Preis gefunden wird.
Ein Market‑Order greift sofort die besten verfügbaren Gegenaufträge (Bid oder Ask) und verlässt das Buch nach Ausführung.
Wenn mehrere Aufträge zum gleichen Preis vorliegen, werden sie nach Ankunftszeit (FIFO - first‑in‑first‑out) abgewickelt.
Jede neue Order oder Stornierung aktualisiert das Orderbuch in Millisekunden - das ermöglicht Echtzeit‑Analyse.
Die wichtigsten Ordertypen im Detail
Im Orderbuch treten verschiedene Auftragsformen auf, die jeweils andere Strategien erfordern:
Limit‑Order: Definiert Preis und Volumen; bleibt im Buch, bis sie erfüllt oder storniert wird.
Market‑Order: Wird sofort zum besten verfügbaren Preis ausgeführt; verschwindet nach Erfüllung.
Stop‑Order: Aktiviert, sobald ein bestimmter Trigger‑Preis erreicht ist; häufig als Schutzmechanismus verwendet.
Iceberg‑Order: Nur ein Teil des Gesamtvolumens wird im Buch sichtbar, der Rest wird nach Ausführung nachgeliefert.
Das Orderbuch lesen: Praxisleitfaden
Ein einfaches Vorgehen, um das Buch effektiv zu interpretieren:
Bestes Bid und Ask prüfen: Liefert den aktuellen Marktpreis und den Spread.
Tiefe analysieren: Schau dir die Volumen bei mehreren Preisstufen an - hohe Volumen deuten auf starke Unterstützung/Widerstand hin.
Imbalance erkennen: Wenn das Ask‑Volumen deutlich größer ist als das Bid‑Volumen, könnte ein Preisrückgang folgen (und umgekehrt).
Order‑Fluss beobachten: Plötzliche große Orders (z.B. Iceberg) können bevorstehende Kursbewegungen signalisieren.
Slippage abschätzen: Vergleiche das Volumen deiner geplanten Order mit dem im Buch verfügbaren Volumen - große Orders können den Preis verschieben.
Warum das Orderbuch für Trader wichtig ist
Ohne das Orderbuch würdest du nur den letzten gehandelten Preis sehen - das reicht nicht, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Das Buch liefert:
Transparenz über das aktuelle Angebot und die Nachfrage.
Frühzeitige Signale für bevorstehende Preisbewegungen durch Volumen‑Imbalance.
Die Basis für fortgeschrittene Strategien wie Scalping, Level‑2‑Trading und Algorithmus‑Handel.
Visualisierung: Depth‑Chart und Heatmap
Viele Plattformen wandeln das rohe Orderbuch in grafische Darstellungen um:
Depth‑Chart: Zeigt kumulatives Volumen auf beiden Seiten des Preisniveaus - ein klares Bild von Unterstützung und Widerstand.
Heatmap: Färbt Preisstufen nach Volumenstärke, sodass du mit einem Blick mögliche Engpässe erkennst.
Beide Tools beruhen auf denselben Daten, präsentieren sie jedoch in einer leichter verdaulichen Form.
Orderbuch vs. Trade‑History: Kurzer Vergleich
Gegenüberstellung von Orderbuch und Trade‑History
Merkmal
Orderbuch
Trade‑History
Zeitraum
Echtzeit, aktuelle offene Aufträge
Vergangenheitsbezogen, abgeschlossene Trades
Informationstyp
Kauf‑ und Verkaufsintent, Volumen pro Preis
Preis, Menge und Zeitpunkt jedes Handels
Nutzen
Marktliquidität einschätzen, Preislevel planen
Markttrend analysieren, Performance prüfen
Visualisierung
Depth‑Chart, Heatmap, Level‑2‑Ansicht
Kurs‑Chart, Candlestick‑Diagramme
Häufige Missverständnisse beim Orderbuch
Einige Fehler, die selbst erfahrene Trader machen:
„Das Orderbuch ist immer exakt: In stark volatilen Märkten ändern sich Bids/Asks in Millisekunden - das Buch ist ein Momentaufnahme.
„Alle großen Orders sind sichtbar: Iceberg‑Orders und Dark‑Pool‑Handel bleiben teilweise verborgen.
„Hohe Liquidität bedeutet keine Slippage: Auch bei tiefen Buchtiefen kann ein großer Marktorder den Preis stark bewegen.
Tools und Ressourcen für die Orderbuchanalyse
Wenn du beim Einstieg Hilfe brauchst, probiere diese Plattformen:
TradingView: Bietet Level‑2‑Ansicht und Depth‑Chart‑Widgets.
Binance Pro: Zeigt umfangreiche Orderbuchdaten für Krypto‑Märkte.
MetaTrader 5: Unterstützt Orderbuch‑Feeds für Forex‑Broker.
Python‑Bibliotheken (z.B. ccxt, pandas): Für automatisierte Datenabfragen und eigene Analysen.
Fazit: Das Orderbuch als Kompass im Markt
Das Orderbuch ist mehr als nur eine Liste von Preisen - es ist ein lebendiges Abbild von Angebot, Nachfrage und Marktstimmung. Wer es versteht, kann besser entscheiden, wann er eintritt, wie groß seine Position sein sollte und welche Risiken er eingehen muss. Nutze die hier vorgestellten Methoden, probiere die Visualisierungstools aus und integriere das Orderbuch in deine tägliche Trading‑Routine.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen Bid und Ask?
Der Bid ist der höchste Preis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist, der Ask (oder Offer) ist der niedrigste Preis, zu dem ein Verkäufer verkaufen will. Der Unterschied zwischen beiden wird als Spread bezeichnet.
Warum verschwindet das Orderbuch ständig?
Weil neue Aufträge hinzukommen, andere ausgeführt oder storniert werden. An stark gehandelten Märkten ändert sich das Buch in Millisekunden.
Wie erkenne ich eine Preis‑Imbalance?
Vergleiche das kumulierte Volumen auf der Ask‑Seite mit dem auf der Bid‑Seite. Ein deutliches Übergewicht einer Seite kann auf bevorstehende Kursbewegungen hindeuten.
Was ist ein Iceberg‑Order?
Eine Order, bei der nur ein Teil des Gesamtvolumens im Orderbuch sichtbar ist. Nachdem dieser Teil ausgeführt ist, wird ein neuer Teil nachgeliefert - so bleibt die Gesamtgröße verborgen.
Brauche ich das Orderbuch für langfristige Anlagen?
Für reine Buy‑and‑Hold‑Strategien ist das Orderbuch weniger kritisch, kann aber helfen, den Einstiegspreis mit guter Liquidität zu wählen und Überraschungen bei Ausstiegszeiten zu vermeiden.
Geschrieben von Klaus Steinbach
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