Was ist ein Schimmelgutachten und warum braucht man es?
Ein Schimmelgutachten ist kein einfacher Check, ob an der Wand schwarze Flecken sind. Es ist eine professionelle, dokumentierte Untersuchung, die genau klärt: Warum wächst Schimmel in Ihrer Wohnung, wer ist verantwortlich und was muss gemacht werden, um das Problem dauerhaft zu beheben. In Österreich und Deutschland ist das besonders wichtig, weil Schimmel oft zu Streit zwischen Mieter und Vermieter führt - und wer zahlt, ist nicht immer klar.
Die meisten Schimmelprobleme entstehen nicht durch faulige Mieter oder schlechte Hygiene. Viel häufiger sind es bauliche Mängel: eine undichte Dachrinne, fehlende Wärmedämmung, eine falsch verlegte Dampfbremse oder eine alte Fensterkonstruktion, die nicht mehr luftdicht ist. Ein guter Gutachter untersucht nicht nur die Flecken, sondern den ganzen Zusammenhang - wie die Wohnung gebaut ist, wie sie genutzt wird und wie das Klima im Inneren wirklich ist.
Ohne ein solches Gutachten bleibt alles unsicher. Der Vermieter sagt, der Mieter lüftet nicht richtig. Der Mieter sagt, die Wand ist feucht, weil das Haus alt ist. Wer hat recht? Nur ein unabhängiger Sachverständiger mit Messgeräten, Laboranalysen und baulicher Expertise kann das beweisen. Und das ist nicht nur für Streitigkeiten wichtig - auch wenn Sie eine Wohnung kaufen oder verkaufen, kann ein Schimmelgutachten den Wert sichern oder Risiken aufdecken, die sonst erst nach dem Umzug sichtbar werden.
Wie läuft ein Schimmelgutachten ab? Der Schritt-für-Schritt-Ablauf
Ein professionelles Schimmelgutachten dauert in der Regel zwei bis vier Stunden vor Ort. Es beginnt nicht mit dem Messgerät, sondern mit einem Gespräch. Der Gutachter fragt: Wann ist der Schimmel zum ersten Mal aufgetreten? Gibt es Wasseransammlungen nach Regen? Wurde in den letzten Jahren renoviert? Hat jemand die Heizung runtergedreht, um Geld zu sparen?
Danach geht es los mit der Untersuchung. Zuerst wird die Wohnung visuell begutachtet - alle betroffenen Stellen werden fotografiert, die Lage notiert, die Größe geschätzt. Dann kommen die Messgeräte: kapazitive Feuchtigkeitsmesser, die in die Wand gedrückt werden, um den Wassergehalt zu bestimmen. Thermografie-Kameras zeigen, wo Wärme verloren geht - das sind oft die Stellen, an denen Kondenswasser entsteht und Schimmel wächst. Wo die Luft feucht ist, da sammelt sich Schimmel - und das ist nicht immer an der Wand sichtbar.
Ein wichtiger Teil: Luftproben. Nicht jeder schwarze Fleck ist gefährlich. Ein Gutachter entnimmt Luftproben mit speziellen Sammelgeräten, die Schimmelsporen einfangen. Diese werden ins Labor geschickt - und dort wird genau analysiert: Welche Pilzarten sind da? Sind es Schimmelpilze, die gesundheitsschädlich sind, wie Stachybotrys oder Aspergillus? Oder ist es nur ein harmloser Oberflächenpilz, der bei hoher Luftfeuchtigkeit wächst? Das macht einen riesigen Unterschied.
Am Ende wird alles zusammengefügt: Die Feuchtigkeitsdaten, die Thermografie, die Luftanalysen, die Bauzeichnungen (wenn vorhanden) und die Nutzungsweise. Dann wird die Ursache eindeutig benannt: Ist es ein Baufehler? Ein Lüftungsproblem? Eine Kombination? Nur wenn die Ursache klar ist, kann man die Lösung finden.
Wie viel kostet ein Schimmelgutachten? Die Preisstruktur erklärt
Die Preise für ein Schimmelgutachten variieren stark - und das hat einen Grund: Es gibt billige Angebote, die kaum etwas sagen, und teure, die vor Gericht halten. Wer für 150 Euro ein Gutachten kauft, kauft oft nur einen Schein. Laut Brancheninformationen aus 2023 liegen seriöse Preise zwischen 300 und 1.000 Euro, je nach Umfang.
Ein Kurzgutachten für private Nutzung - also nur, um zu wissen, was los ist - kostet meist 200 bis 500 Euro. Es enthält Fotos, Messwerte und eine erste Einschätzung. Es ist gut, wenn Sie mit Ihrem Vermieter sprechen wollen, aber nicht vor Gericht gehen.
Ein Beweissicherungsgutachten ist detaillierter: 300 bis 600 Euro. Hier wird alles dokumentiert, was für einen möglichen Rechtsstreit relevant ist - mit Zeitstempeln, genauen Messungen und einer klaren Begründung, warum die Ursache bei der Bausubstanz liegt.
Ein Vollgutachten für Gerichtsverfahren kostet 500 bis 1.000 Euro. Es ist meist 30 bis 50 Seiten stark, enthält Laborberichte, Bauzeichnungen, rechtliche Einordnungen und ist so aufbereitet, dass es ein Richter versteht. Manche Gutachter berechnen auch nach dem Verkehrswert der Immobilie: 0,5 Prozent des Wertes, mindestens 900 Euro. Bei einer Wohnung im Wert von 200.000 Euro wären das also 1.000 Euro.
Warnung: Anbieter, die unter 300 Euro anbieten, sind oft unseriös. Sie messen nur schnell, machen ein paar Fotos und verkaufen dann gleich die Sanierung - mit Antischimmel-Farbe, Lüftern oder Dämmung. Das ist ein Interessenkonflikt. Ein echter Gutachter hat kein Interesse daran, dass Sie etwas kaufen. Er soll nur sagen, was los ist.
Wer zahlt das Gutachten? Rechtliche Grundlagen für Mieter und Vermieter
In Österreich und Deutschland gilt eine wichtige Regel: Der Vermieter muss beweisen, dass der Schimmel nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen ist. Das ist die sogenannte Beweislastumkehr. Der Mieter muss nicht beweisen, dass er richtig lüftet - der Vermieter muss beweisen, dass er es nicht getan hat.
Das ist entscheidend. Wenn der Schimmel an einer Außenwand ist, wo keine Dämmung ist, oder hinter dem Bad, wo die Dampfsperre undicht ist - dann ist das ein baulicher Mangel. Der Vermieter muss das beheben. Und er muss auch das Gutachten bezahlen, wenn es zeigt, dass er verantwortlich ist.
Was passiert, wenn der Vermieter das Gutachten nicht bezahlen will? Der Mieter kann ihm eine Frist setzen - zum Beispiel einen Monat -, um den Mangel zu beheben. Wenn er das nicht tut, kann der Mieter selbst einen Gutachter beauftragen und die Kosten später vom Vermieter verlangen. Voraussetzung: Das Gutachten ist professionell, vollständig und vor Gericht anerkannt. Ein Kurzgutachten reicht dafür nicht.
Wenn das Gutachten zeigt, dass der Mieter jahrelang nicht gelüftet hat, die Heizung ständig abgestellt hat und die Fenster verschlossen bleiben - dann kann er für die Kosten verantwortlich sein. Aber das muss nachgewiesen werden. Und dafür braucht es ein detailliertes Gutachten, das das Raumklima über mehrere Wochen analysiert, nicht nur einen Momentaufnahme.
Wie wählt man den richtigen Schimmelgutachter aus?
Nicht jeder, der sich „Schimmelgutachter“ nennt, ist auch einer. Es gibt keine offizielle staatliche Lizenz, sondern nur Zertifizierungen von Verbänden. Achten Sie darauf, dass der Gutachter Mitglied in einem anerkannten Verband ist - wie der Deutschen Gesellschaft für Schadensbegutachtung oder dem Bundesverband der Sachverständigen.
Ein guter Gutachter bietet vorab keine Pauschalpreise an. Er fragt nach der Wohnung, der Größe, dem Schadensbild. Manche bieten einen kostenlosen Ersttermin an, um die Situation grob einzuschätzen - das ist ein gutes Zeichen. Wer sofort ein Angebot per Mail schickt, ohne vor Ort gewesen zu sein, sollte misstrauisch machen.
Frage direkt: „Wird das Gutachten vor Gericht anerkannt?“ „Wird Luftproben ins Labor geschickt?“ „Haben Sie Erfahrung mit Mietrechtsstreitigkeiten?“ „Werde ich eine schriftliche, detaillierte Auswertung bekommen?“ Wenn er nicht genau antwortet, suchen Sie weiter.
Vermeiden Sie Anbieter, die gleich Sanierungsmaßnahmen anbieten. Ein echter Gutachter ist neutral. Er sagt: „Das ist ein Wärmebrückenproblem - das muss der Vermieter beheben.“ Er sagt nicht: „Ich verkaufe Ihnen eine neue Dämmung.“
Was kommt nach dem Gutachten? Sanierung und Folgekosten
Ein Gutachten ist kein Ende - es ist der Anfang. Es sagt: „Hier ist das Problem.“ Jetzt kommt die Sanierung. Und die muss fachgerecht erfolgen. Ein falsch durchgeführter Sanierungsplan kann den Schimmel sogar verschlimmern.
Wenn die Ursache eine undichte Fassade ist, muss sie abgedichtet werden - nicht nur die Wand abgeschrubbt und neu gestrichen. Wenn es ein Lüftungsproblem ist, muss die Wohnung richtig belüftet werden - oft mit einer mechanischen Lüftungsanlage. Ein Gutachter sollte auch Empfehlungen geben, wie das Klima nach der Sanierung stabil bleibt: Welche Temperatur halten? Wie oft lüften? Welche Heizstrategie ist optimal?
Die Kosten der Sanierung liegen meist deutlich höher als die des Gutachtens. Aber sie sind notwendig. Und sie sind oft die einzige Chance, die Wohnung langfristig bewohnbar zu halten - und den Wert zu erhalten.
Was ist der Trend bei Schimmelgutachten heute?
Die Branche verändert sich. Früher wurden Schimmelgutachten oft als „Reparaturberatung“ verkauft - heute ist es ein Teil der Immobilienbewertung. Immer mehr Gutachter kombinieren Schimmeluntersuchung mit Energieberatung. Denn: Viele Schimmelprobleme entstehen durch energetische Sanierungen - wenn man die Dämmung verbessert, aber nicht die Lüftung anpasst.
Ein weiterer Trend: Die Nachfrage nach Beweissicherungsgutachten steigt. Weil Mietrechtsstreitigkeiten immer häufiger vor Gericht landen, braucht man klare, juristisch robuste Dokumente. Kurzgutachten reichen nicht mehr. Das macht die Preise zwar höher, aber auch die Qualität sicherer.
Warnung bleibt: Die Kommerzialisierung schreitet voran. Es gibt Anbieter, die Schimmelprobleme übertreiben, um Sanierungen zu verkaufen. Die Lösung: Vertrauen Sie nur auf unabhängige Experten - mit Zertifikaten, Laborverbindungen und klaren Kostenstrukturen. Ein gutes Gutachten ist keine Ausgabe - es ist eine Investition in Ihre Gesundheit, Ihre Wohnung und Ihre Rechte.
Was tun, wenn Sie Schimmel entdecken?
- Keine Eigenreparatur! Keine Abwischerei, kein Farbanstrich - das versteckt nur das Problem.
- Dokumentieren Sie alles. Fotos, Datum, Ort - und schreiben Sie auf, wann Sie den Schimmel zum ersten Mal gesehen haben.
- Informieren Sie den Vermieter schriftlich. Per Einschreiben, mit Datum. Fordern Sie eine Beurteilung an.
- Warten Sie nicht zu lange. Schimmel breitet sich aus. Je früher ein Gutachten kommt, desto geringer sind die Folgeschäden.
- Wählen Sie den Gutachter sorgfältig. Nicht der billigste, sondern der seriöseste.