Immobilienfonds und REITs: Steuerliche Unterschiede für Anleger in Deutschland

Was ist der große Unterschied zwischen Immobilienfonds und REITs?

Beide Anlageformen erlauben es dir, in Immobilien zu investieren, ohne selbst eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen. Aber steuerlich sind sie wie Tag und Nacht. Immobilienfonds sind traditionelle Investmentfonds, die seit Jahrzehnten in Deutschland existieren. REITs (Real Estate Investment Trusts) dagegen sind eine jüngere Entwicklung - seit 2007 erlaubt, aber erst seit der Steuerreform von 2018 wirklich relevant geworden. Der entscheidende Unterschied: Bei Immobilienfonds zahlt der Fonds selbst Steuern, und du zahlst nur einen Teil davon. Bei REITs zahlt der Fonds fast keine Steuern - du zahlst alles.

Warum du bei Immobilienfonds weniger Steuern zahlst

Seit 2018 gilt für offene Immobilienfonds die sogenannte Teilfreistellung. Das bedeutet: Nur ein Teil deiner Ausschüttungen ist steuerpflichtig. Bei einem reinen Immobilienfonds sind 60 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei. Du versteuerst also nur 40 Prozent. Wenn du zum Beispiel 1.000 Euro Dividende bekommst, musst du nur 400 Euro versteuern. Der Rest bleibt dir komplett. Diese Regelung gilt für Fonds, die mindestens 75 Prozent ihres Vermögens in deutsche Immobilien investieren. Bei Fonds mit Auslandsimmobilien steigt die Teilfreistellung sogar auf 80 Prozent.

Diese Regelung ist kein Zufall. Sie wurde eingeführt, um Privatanleger vor doppelter Besteuerung zu schützen. Der Fonds zahlt 15 Prozent Körperschaftsteuer auf Mieteinnahmen und Verkaufsgewinne aus deutschen Immobilien. Du zahlst dann nochmal Abgeltungsteuer - aber nur auf den verbleibenden 40 Prozent. Das ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Anlageformen.

REITs: Höhere Ausschüttungen, aber volle Steuerlast

REITs müssen mindestens 90 Prozent ihres Jahresüberschusses an die Anleger ausschütten. Das führt oft zu höheren Dividenden als Immobilienfonds. Aber: Kein Teil der Ausschüttung ist steuerfrei. Du zahlst 100 Prozent Abgeltungsteuer - und zwar auf den vollen Betrag. Das ist der Preis für die steuerliche Transparenz. Der REIT selbst zahlt keine Körperschaftsteuer, keine Gewerbesteuer. Alles wird auf dich übertragen.

Die Abgeltungsteuer beträgt 25 Prozent. Dazu kommt der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent - also 26,375 Prozent insgesamt. Wenn du Kirchensteuer zahlst, kommen nochmal 8 oder 9 Prozent hinzu. Das macht bis zu 27,9951 Prozent. Aber: Du hast einen Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro (Alleinstehende) oder 1.602 Euro (Geschiedene). Wenn deine jährlichen REIT-Dividenden unter diesem Betrag liegen, zahlst du gar keine Steuern. Bei 3.000 Euro Dividende bleibt dir nach Steuern nur noch 2.420 Euro. Das klingt hart - aber viele Anleger akzeptieren das, weil die Ausschüttungsquoten oft über 5 Prozent liegen.

Abstrakte Waage zeigt Immobilienfonds mit 60% Steuerfreistellung gegenüber REITs mit vollen Steuerlasten und Haltefrist.

Was passiert, wenn du deine Anteile verkaufst?

Bei Immobilienfonds: Selbst wenn du die Anteile 15 Jahre gehalten hast - beim Verkauf zahlt du immer Abgeltungsteuer. Es gibt keine langfristige Befreiung. Die Gewinne aus dem Verkauf der Immobilien im Fonds wurden schon durch die 15-prozentige Körperschaftsteuer belastet, aber der Gewinn beim Verkauf deiner Fondsanteile ist neu - und steuerpflichtig.

Bei REITs: Hier gibt es eine wichtige Ausnahme. Wenn du die Aktien mindestens ein Jahr hältst, ist der Gewinn beim Verkauf steuerfrei. Das ist ein riesiger Vorteil gegenüber Immobilienfonds. Du kannst also spekulieren, ohne Steuern zu zahlen - solange du geduldig bist. Viele Anleger nutzen das, um kurzfristige Kursbewegungen auszunutzen, ohne dass der Fiskus mitmischt.

Warum REITs in Deutschland weniger beliebt sind

Deutschland hat eines der strengsten REIT-Gesetze der Welt. REITs dürfen keine Wohnimmobilien halten. Sie können nur Gewerbeimmobilien, Bürogebäude, Logistikzentren oder Krankenhäuser besitzen. Das schränkt die Auswahl massiv ein. Immobilienfonds dürfen alles - von Einfamilienhäusern bis zu Einkaufszentren. Das macht sie attraktiver für Anleger, die eine breitere Streuung wollen.

Außerdem ist der Markt klein. Immobilienfonds verwalten über 224 Milliarden Euro, REITs nur 68 Milliarden. Die steuerliche Belastung, die fehlende Wohnimmobilien-Option und die geringere Liquidität bei manchen REITs halten viele Anleger zurück. Doch das könnte sich ändern. Die EU plant, die REIT-Regeln zu harmonisieren. Bis 2030 könnte es möglich sein, dass deutsche REITs wieder Wohnungen kaufen dürfen. Dann könnte ihr Marktanteil um bis zu 40 Prozent steigen.

Was Experten sagen: Komplexität vs. Transparenz

Steuerberater sind sich uneinig. Dr. Thomas Grotian sagt: "Die Teilfreistellung bei Immobilienfonds ist ein Fortschritt - aber für den Anleger unübersichtlich. Wer weiß schon, wie viel von seiner Ausschüttung nun steuerfrei ist?" Die Fonds berechnen das automatisch, aber viele Anleger verstehen nicht, warum sie nur 40 Prozent versteuern.

Prof. Dr. Markus Pollan von der Frankfurt School hingegen lobt die REITs: "Die Besteuerung ist klar. Du weißt genau, was du zahlst. Keine versteckten Steuern, keine komplizierten Berechnungen. Das ist Rechtssicherheit."

Der Steuerberaterverband DJV warnt dagegen: "Die 15-prozentige Körperschaftsteuer bei Immobilienfonds führt zur doppelten Besteuerung. Der Fonds zahlt, du zahlst auch noch. Das ist unfair." Stadtbild geteilt: Gemütliche Wohngebiete links, Gewerbeimmobilien rechts, mit Investor auf dem Weg zwischen beiden.

Praktische Beispiele: Wie viel bleibt dir wirklich?

Stell dir vor, du investierst 50.000 Euro in einen Immobilienfonds mit 4,5 Prozent Ausschüttung. Das sind 2.250 Euro pro Jahr. Mit 60 Prozent Teilfreistellung versteuerst du nur 900 Euro. Abgeltungsteuer: 236,25 Euro. Kirchensteuer: 21,26 Euro (bei 9 Prozent). Du behältst 2.250 - 257,51 = 1.992,49 Euro.

Jetzt der REIT: 50.000 Euro, 5,5 Prozent Ausschüttung = 2.750 Euro. Keine Teilfreistellung. Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro abziehen. Versteuern musst du 1.949 Euro. Abgeltungsteuer: 512,04 Euro. Solidaritätszuschlag: 28,16 Euro. Kirchensteuer: 46,09 Euro. Du behältst 2.750 - 586,29 = 2.163,71 Euro.

Der REIT bringt dir mehr Netto - aber nur, wenn du den Sparer-Pauschbetrag nicht schon bei Aktien oder anderen Dividenden verbraucht hast. Und du musst die Aktien ein Jahr halten, um beim Verkauf nichts zu zahlen.

Was kommt in Zukunft?

Die Bundesregierung plant, die Besteuerung von indirekten Immobilienanlagen zu vereinfachen. Der Koalitionsvertrag von 2021 spricht von "fairer und einfacher Besteuerung". Experten erwarten bis 2025 eine Anhebung der Teilfreistellung für REITs auf mindestens 30 Prozent. Das wäre ein großer Schritt. Gleichzeitig läuft 2027 die Übergangsregelung für Immobilienfonds aus, die Immobilien vor 2018 gekauft haben. Dann müssen auch diese Fonds die volle 15-prozentige Körperschaftsteuer zahlen - was die Teilfreistellung für Anleger schwächen könnte.

Die EU will zudem die REIT-Regeln harmonisieren. Wenn deutsche REITs künftig Wohnimmobilien halten dürfen, könnte sich der Markt verändern. Die steuerlichen Vorteile der Immobilienfonds könnten dann nicht mehr so eindeutig sein.

Was solltest du tun?

Wenn du langfristig investierst und Wert auf Einfachheit legst: Wähle Immobilienfonds. Die Teilfreistellung spart dir jährlich Hunderte Euro. Du musst nichts berechnen - der Fonds macht das für dich. Ideal für Anleger, die keine Zeit für Steuerkomplexität haben.

Wenn du aktiver handelst, höhere Ausschüttungen willst und bereit bist, Steuern zu zahlen: REITs sind die bessere Wahl. Die steuerfreie Veräußerung nach einem Jahr ist ein starkes Argument. Und die 90-Prozent-Ausschüttung bringt oft mehr Netto-Return als Immobilienfonds - besonders wenn du den Sparer-Pauschbetrag noch nicht verbraucht hast.

Prüfe immer: Welche Immobilien hält der Fonds? Woher kommen die Einkünfte? Und: Hast du den Sparer-Pauschbetrag noch frei? Das macht den Unterschied zwischen 200 Euro und 1.000 Euro Steuern pro Jahr.

Ist die Teilfreistellung bei Immobilienfonds automatisch berücksichtigt?

Ja. Der Fonds berechnet die Teilfreistellung automatisch und gibt dir eine Steuerbescheinigung, auf der nur der steuerpflichtige Anteil steht. Du musst nichts selbst rechnen - du bekommst die Zahl einfach auf deiner Steuererklärung angezeigt.

Kann ich REITs in meinem Depot steuerfrei halten?

Ja - aber nur, wenn du die Aktien mindestens ein Jahr hältst. Dann ist der Gewinn beim Verkauf steuerfrei. Die Dividenden selbst sind immer steuerpflichtig, es sei denn, du liegst unter dem Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro.

Warum dürfen deutsche REITs keine Wohnungen halten?

Das ist eine bewusste Entscheidung des deutschen Gesetzgebers aus dem Jahr 2007. Man wollte verhindern, dass große Investmentgesellschaften den Wohnungsmarkt kontrollieren. Daher ist der Anteil an Wohnimmobilien in REITs auf 0 Prozent begrenzt. Das könnte sich aber ändern, wenn die EU neue Regeln einführt.

Zahle ich Kirchensteuer auf REIT-Dividenden?

Ja - wenn du Mitglied einer Kirche bist, die Kirchensteuer erhebt. Die Kirchensteuer wird auf die Abgeltungsteuer erhoben und beträgt 8 Prozent (katholisch, evangelisch) oder 9 Prozent (in Bayern). Sie wird automatisch vom Depotbank abgezogen.

Sind Auslands-REITs steuerlich anders?

Ja. Bei ausländischen REITs, etwa in den USA, wird oft eine Quellensteuer abgezogen - meist 15 Prozent. Diese kannst du in Deutschland als Vorsteuer anrechnen, wenn du die entsprechenden Unterlagen einreichst. Das vermeidet Doppelbesteuerung. Deutsche Immobilienfonds haben diese Komplexität nicht - ihre Quellensteuern sind bereits in der Teilfreistellung berücksichtigt.